Der perfekte Hund und die kränkelnde Psyche des Menschen



Zum Thema Mensch und Perfektion möchte ich einmal einige Zeilen aus der Zeitschrift „Psychologie Heute – Compact, Heft 45 / 2016“ zitieren:

Dort wird erläutert, dass die Zahl der Menschen stetig zunimmt, denen eine innere Stimme Befehle wie „Du musst, „Du sollst, und „Du darfst nicht“ einflüstert. Dadurch werden sie täglich zu Höchstleistungen und Selbstverbesserungsmaßnahmen getrieben. Perfektionismus sei in der westlichen Welt endemisch. Das heißt, dass er wie eine Krankheit ist, die immer häufiger in einer Population auftritt.

Diese Feststellung treffen laut „Psychologie Heute – Compact“ die kanadischen Forscher Gordon L. Flett von der York University und Paul L. Hewitt von der University of Columbia, die sich seit langem mit dem Thema beschäftigen. Auch der Psychiater und Psychotherapeut Raphael Bonelli schreibt in seinem Buch „Perfektionismus, wenn das Soll zum Muss wird (Pattloch, München 2014)“: Perfektionismus prägt den Zeitgeist, liegt unseren Wertvorstellungen zugrunde, dominiert unsere Köpfe. Fast niemand kann sich ihm entziehen.

Krankhafte Perfektion

Kurz zusammengefasst könnte man sagen, dass man bei wissenschaftlicher Betrachtung davon ausgeht, dass der Wunsch und das Streben nach Perfektion in der so genannten westlichen Welt als krankhaft zu bezeichnen ist.

Menschen sind also in einem nicht die Gesundheit fördernden Maß damit beschäftigt nach Perfektion zu streben. Gut, als Hundefreund könnte ich mir jetzt sagen, dass das ein Problem der Menschen ist. Wenn die Hunde nicht unter diesem menschlichen Perfektionswahn leiden müssten. So machen die Menschen natürlich keinen Halt davor, ihre Hunde perfektionieren zu wollen. Man kann ein wachsendes Verlangen von Hundehaltern beobachten, in jeder Situation einen perfekten Hund präsentieren zu wollen.

Menschliches Problem wird zum Hundeproblem

Das ist, wie gesagt, immer noch ein menschliches Problem. Dass der Hund aber ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen ist, dem die menschliche Perfektion in den meisten Fällen ziemlich „schnuppe“ ist, wird dabei oft vergessen. Stattdessen werden sich von der endemisch kränkelnden Perfektionssucht der Menschen immer neue „Methoden“ ausgedacht, um den Hund zum perfekten Begleiter zu erziehen. Wobei die Methoden selten wirklich neu sind. Oft sind sie nur alter Wein in neuen Schläuchen. In der so genannten „Hundeerziehung“ wird vornehmlich immer noch darauf gesetzt, dem Hund jegliches Verhalten zu „vermiesen“, welches nicht in die perfekte Menschenwelt passt.

Hundehalter verantwortlich für seinen Hund

Ja, ja. Ich sehe beim Lesen dieser Zeilen direkt wieder einige Leser mit dem Kopf auf  den Tisch fallen oder in dessen Kante beißen. Und die alten Floskeln ausrufen, dass ein Hund doch hören müsse, dass nur ein erzogener Hund sich frei bewegen könne, dass die heutige Gesellschaft keinen „unperfekten“ Hund toleriert usw.

Liebe Tischkantenbeißer. Ihr könnt Euch entspannen. Ich sage nicht, dass man Hunde alles machen lassen sollte, was sie möchten. Hunde dürfen keine Menschen oder andere Tiere belästigen oder gefährden. Dafür muss ich als Mensch sorgen. Genauso, wie ich dafür sorgen muss, dass sich mein Hund wohl fühlt, ein lebenswertes Leben führt.

Aber aus dem Lebewesen Hund einen perfekt funktionierenden Roboter zu machen, dafür brauche ich nicht zu sorgen. Im Gegenteil, das ist ein krankhaftes Verlangen des Menschen, welches auch den Hund krank machen kann.

Hundehalter sollten lernen, einfach mal wieder zu entspannen. Zum eigenen Wohl und zum Wohl des Hundes.

Meistgelesen

Klartextquickie – Hunde bitte niemals auf den Boden drücken

Ein offenes Wort an den Kollegen Rütter…

Wasserpistole im Hundetraining?

Klartextquickie - Uriniert uns ein Hund aus Protest vor die Füße?

Die Rangordnung im Schlaf...